EuGH Richtlinie MutterTochtergesellschaft

Die befreiung vom quellensteuerabzug der von der tochtergesellschaft auf die muttergesellschaft ausgeschütteten gewinne, darf nicht auf der grundlage einer allgemeinen vermutung von betrug oder missbrauch eines nationalen rechts begründet werden.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat gemäss Urteil vom 20. Dezember 2017 über die Grenzen der Anwendung nationaler Missbrauchsbekämpfungsklauseln in Bezug auf die in der Richtlinie 90/435/EWG „Mutter-/Tochtergesellschaft“ vorgesehene Freistellung von Dividendenzahlungen ins Ausland entschieden..

Der Gerichtshof der Europäischen Union prüft in diesem Urteil die Vereinbarkeit mit dem primären und abgeleiteten EU-Recht, das in § 5 der Mutter-Tochter Richtlinie folgendes vorsieht: „Die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne sind vom Steuerabzug an der Quelle befreit“. Hierbei handelt es sich um eine besondere Umgehungsmaßnahme nach § 50 Einkommensteuergesetz (EStG), in der vorgesehen ist, dass: „Eine ausländische Gesellschaft keinen Anspruch auf Entlastung hat, soweit Personen an ihr beteiligt sind, denen die Erstattung oder Freistellung nicht zustände, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, vorausgesetzt dass:

  1. für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen oder
  2. die ausländlische Gesellschaft nicht mehr als 10 % ihrer gesamten Bruttoerträge des betreffenden Wirtschaftsjahres aus eigener Wirtschaftstätigkeit erzielt oder
  3. die ausländische Gesellschaft nicht mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.

Hintergrundinformation

Deister Holding, Gesamtrechtsnachfolgerin von Traxx, hatte ihren Sitz in den Niederlanden. Traxx war mit einer Quote von 26,5% an der deutschen Gesellschaft Deister electronik GmbH beteiligt.
Ab März 2007 verfügte Traxx über ein in den Niederlanden angemietetes Büro und beschäftigte dort in den Jahren 2007 und 2008 zwei Mitarbeiter. Der alleinige Anteilseigner von Traxx hatte seinen Wohnsitz in Deutschland.
In November 2007, schüttete Deister electronik einen Gewinn an Traxx aus, behielt Kapitalsteuer nebst Solidaritätszuschlag ein und führte diese an die Steuerbehörde ab. Im Mai 2008, beantragte Traxx die Freistellung dieser Gewinnauschüttung von der Kapitalertragsteuer und dem Solidaritätszuschlag.“
Die Steuerbehörde wies diesen Antrag mit der Begründug zurück , dass die Gewinne, die von den deutschen Tochtergesellschaften an die betreffene niederländische Muttergesellschaft ausgeschüttet werden, nicht in den Genuss der Freistellung von der Muttergesellschaft kommen könnten, da die Missbrauchsklausel mit der Begründung anwendbar sei, dass die Durchführungsbedingungen erfüllt seien.

Stellungnahme des EuGH

Nach Auffassung des EuGH soll mit der „Mutter-Tochter“ Richtlinie gewährleistet werden, dass die Gewinnausschüttungen einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft an ihre in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft, steuerlich neutral sind.

Aus diesem Grunde können die Mitgliedstaaten nicht einseitig restriktive Maßnahmen verhängen und die Befreiung von der Quellensteuer an unterschiedliche Bedingungen knüpfen.

Hervorzuheben sind einige der wichtigsten Aussagen, auf die der Gerichtshof seine Entscheidung gestützt hat:

  • Es ist nicht zu rechtfertigen, dass die nationalen Rechtsvorschriften darauf abzielen, Betrug und Missbrauch durch eine allgemeine Vermutung zu verhindern.
  • Nach deutschem Recht ist die Gewährung der Steuerbefreiung an die Bedingung geknüpft, dass keine der drei genannten Voraussetzungen erfüllt werden, ohne dass die Steuerbehörden den Nachweis erbringen müssen, dass keine wirtschaftlichen Gründe oder Anhaltspunkte für Betrug oder Missbrauch vorliegen.
  • Das deutsche Recht räumt der Muttergesellschaft nicht die Möglichkeit ein, Beweismittel vorzulegen, die das Vorliegen wirtschaftlicher Gründe nachweisen, sondern verfügt ausserdem eine Vermutung eines schuldhaften Verhaltens, juris et de jure.
  • Die Feststellung, dass eine solche Gestaltung besteht, setzt voraus, dass eine umfassende Prüfung für jeden einzelnen Fall durchgeführt wird..

Schlussbemerkungen. Mögliche Auswirkungen auf das spanische Recht

In Spanien stimmt Art.14.1 Abs.1.h) in der Neufassung des Einkommensteuergesetzes für Nicht-Ansässige (im Folgenden TRLIRNR) nicht exakt mit dem uns vorliegenden Urteil überein. Im Falle der deutschen Regelung reicht aus, dass eine der drei darin festgelegten Voraussetzungen für den Ausschluss der Steuerbefreiung erfüllt ist, ohne dass die Steuerbehörden einen Missbrauch nachweisen müssen.

Im spanischen Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klausel selbst gegen das EU Recht verstösst, da sie keine allgemeine Vermutung eines schuldhaften Verhaltens begründet, die eine Auslegung und Anwendung im Einklang mit dem EU-Recht zulässt.

Auch wenn der Artikel 14.1.h) TRLIRNR nach dem gleichen Kriterium der Missbrauchsbekämpfung angewandt worden ist und eine Umkehr der Beweislast vorliegt, ohne dass die Verwaltung Beweise für Missbrauch vorlegen muss und die Steuerbefreigung auf Beweise aus triftigen wirtschaftlichen Gründen beschränkt ist, existiert der folgende Fall.

Es könnte an der Vereinbarkeit der Missbrauchsbekämpfungsklausel mit dem UE Recht in dem konkreten Fall gezweifelt werden, in dem die spanische Steuerverwaltung sie anwendet, um die Steuerbefreiung zu versagen. Aus diesem Grunde muss sie die Lage der EU-Holdinggesellschaft nicht überprüfen, um festzustellen, ob es sich um eine rein künstliche steuerliche Gestaltung handelt oder nicht.

Sollte dies in diesem konkreten Fall der Fall sein, könnte die Anwendung einer solchen Verordnung gegen EU-Recht verstoßen.

SCHILLER Rechtsanwälte berät ihre internationalen Mandanten in nationalen und internationalen Steuerangelegenheiten und unterstützt diese bei der Abwicklung von internationalen Investitionen. Darüberhinaus verfolgen wir aktuelle Entwicklungen der Gesetzesinitiativen der EU und die Auwirkungen der Rechtsprechung des EuGH, die in Steuerangelegenheiten auf ihre Mandanten zukommen könnten.

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